Hecken machen viel Sinn, aber auch Arbeit
Auf dem Biohof Lehen der Familie Wolf in Loiching in Niederbayern sind Hecken seit den 1980er-Jahren Teil des Selbstverständnisses als Bio-Betrieb.
Zu Beginn des Besuchs beim Biohof Lehen in Loiching gehen wir gemeinsam über die Wiese hinter der Hofstelle. Hier laufen im Sommer Enten und Gänse, die der Betrieb direkt vermarktet. Jetzt steht das Gras noch hoch; neben Hahnenfuß erkennen wir im Grün Frauenmantel, Ehrenpreis und Schleifenblume. Eine stattliche Hecke bildet die Grenze zum dahinterliegenden Feld. Zwischen den hochwachsenden Sträuchern schauen in regelmäßigen Abständen auch Bäume hervor. Nach hinten hin wird die Hecke niedriger – dort ist sie vor einer Weile auf Stock gesetzt worden.
„Die Hecke hier haben wir schon in den 1980er-Jahren gepflanzt“, erzählt Betriebsleiter Karl Wolf. Das war die Zeit, in der die Ökobewegung immer mehr Zulauf erfuhr und er auch seinen Hof auf ökologische Bewirtschaftung umstellte. 35 Jahre ist das her; damals war er einer der ersten im Landkreis. Schon damals sei die Heckenpflanzung gefördert worden, sonst wäre es damit nichts geworden. Auch Sohn Johannes, der heute tatkräftig am Hof mitarbeitet, war damals schon dabei, als kleines Kind. Seitdem hat auch er sich die Naturverbundenheit seines Vaters zu eigen gemacht. Als Gärtner und Landschaftsbauer benennt er bei unserem Rundgang die Pflanzen, die auf den Wiesen und in den Hecken um den Hof wachsen.
Oasen für die Artenvielfalt in der Agrarlandschaft
Hecken sind Lebensraum für viele verschiedene Arten. Die Gehölze dienen unter anderem als Rückzugsort für Insekten, Vögel und Kleinsäuger, aber auch für Echsen. Den größten ökologischen Nutzen schaffen viele verschiedene Straucharten, einzelne Bäume, ein zurückhaltender Schnitt und ein geringer Eingriff. Mit blühenden Wildobstbäumen und beerentragenden Sträuchern bieten Hecken zudem einen landschaftlichen Reiz.
Der Nutzen für die Biodiversität ist also groß. Hecken brauchen jedoch regelmäßige Pflege und verursachen einen nicht zu unterschätzenden Arbeitsaufwand. Wird die Pflege nicht ordnungsgemäß durchgeführt, kann das zu Konflikten führen, zum Beispiel weil die Sträucher in die Flächen des Nachbarn hineinwachsen. Deshalb gibt es gesetzliche Mindestabstände, die einzuhalten sind.
Etwa alle drei Jahre müssen die Hecken zurückgeschnitten werden, damit sie nicht zu breit werden. Familie Wolf lässt sich dabei maschinell unterstützen: Ein Mähbalken mit Schlagschere fährt an der Hecke entlang. Zwar wäre die Pflege per Hand aus naturschutzfachlicher Sicht noch besser, aber „man muss auch Kompromisse machen, damit es umsetzbar bleibt“, stellt Karl Wolf fest. So dauert das Schneiden nur etwa eineinhalb Stunden, das anschließende Aufräumen aber gut einen halben Tag.
Dazu kommt der regelmäßige Rückschnitt der Hecken, alle paar Jahre werden sie auf Stock gesetzt. Dann wird ein Teil der Hecke dicht über dem Boden abgesägt. Eine harte Arbeit, die auf dem Biohof Lehen von Johannes übernommen wird. Maximal ein Drittel der Hecke wird bei einem Einsatz gekürzt, damit ausreichend Rückzugsraum für die Natur erhalten bleibt.
Der Heckenschnitt findet sinnvolle Verwendung in der Hackschnitzelheizung am Hof. Auch wenn die Menge an Häckselgut nicht ausreicht, macht die Verwertung im Gesamtkonzept Sinn.
Bei Pachtflächen muss das Zusammenspiel stimmen
Bei unserem Rundgang über die Flächen sind wir bei einem eingezäunten Areal angekommen, in dem junge Bäume und Stecklinge zu sehen sind. Diese Hecken-Neupflanzung ist letztes Jahr entstanden. Treibende Kraft dafür war Marco Lachmann, ein Nachbar und Verpächter der Familie Wolf. Möglich war die Umsetzung, weil sich Verpächter und Pächter einig waren, dass Hecken Sinn machen.
Auch wenn der Betrieb durch die Neupflanzung etwas Ackerfläche verloren hat, nein sagen zu der Neupflanzung wollten die Wolfs nicht, wo es um die Artenvielfalt so steht, wie es eben steht. „Man muss so etwas tun, wenn es angeboten wird“, sagt Karl Wolf entschlossen. Deshalb engagiert er sich auch kommunalpolitisch für die Verwirklichung von mehr Biodiversität und war Pressesprecher des Bienenvolksbegehrens im Landkreis Dingolfing-Landau.
Marco Lachmann ergänzt: „Wir wollten Lebensraum für Insekten und andere Tiere schaffen. Und die Hecke passt einfach sehr gut ins Landschaftsbild.“ Ohne die Einwilligung der Pächter, so fährt er fort, ginge es freilich nicht. Und auch andersherum ist es so: Wer als Landwirt:in Hecken auf Pachtflächen anlegen möchte, ist auf die Zustimmung des Verpächters oder der Verpächterin angewiesen.
Für die Anpflanzung und die Pflege von Hecken stehen Fördermöglichkeiten zur Verfügung. Erster Ansprechpartner vor Ort sind dafür die Landschaftspflegeverbände. Sie unterstützen entweder selbst oder informieren über Förderprogramme. In Bayern greift zum Beispiel das KULAP, das die Anlage von Hecken und deren Pflege fördert. Familie Wolf arbeitet mit dem Landschaftspflegeverband zusammen, weil weniger bürokratischer Aufwand anfällt.
Ohne Unterstützung, da sind sich Vater und Sohn einig, ist auch bei größter Überzeugung vom Wert der Hecken die anfallende Arbeit nicht zu rechtfertigen. „Wenn die Arbeit vergütet wird, tut man sich halt leichter“, stellt Karl Wolf fest. Langfristig brauche es wachsendes Verständnis: für den Wert von Hecken und dafür, dass dieser Wert sich für die Landwirt:innen auch finanziell lohnen muss. Doch Umdenken braucht Zeit. Karl Wolf bleibt zuversichtlich, er sieht eine neue Generation von Landwirt:innen heranwachsen. Am Wert der Hecke hinter seinem Haus zweifelt er keinen Moment: „Ich fühle mich in einer ausgeräumten Landschaft nicht wohl. Ich bin einfach naturverbunden. Aber wenn ich hier bin, das baut mich auf.“
Im Biokreis-Maßnahmenkatalog zur Förderung der Biodiversität können für Hecken bis zu 15 Punkte gesammelt werden. Die Anzahl der Punkte richtet sich nach der Länge der Hecken.
Weitere Informationen zu Hecken in der Landwirtschaft gibt es hier: https://www.praxis-agrar.de/klima/landwirtschaft-und-klimaschutz/hecken-in-der-landwirtschaft-klima-und-artenschuetzer