Perfect Match: Kooperation zwischen Imkerei und Landwirtschaft

Von Corinna Moritz | Gepostet am 09.02.2024

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Von einer Kooperation zwischen Imkerei und Landwirtschaft profitieren alle – auch die Biodiversität.

Die Bedeutung der Bestäubungsleistung von Bienen in Obst und Beerenflächen ist bekannt. Doch auch auf der Ackerfläche werden bestäubungsabhängige Kulturen angebaut. Bisher wurde diesem Thema jedoch wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei können Ertrag und Qualität (Form, gleichmäßige
Fruchtausreifung, Haltbarkeit) auch von Raps, Sonnenblumen, Ackerbohnen, Buchweizen und Gemüse wie Kürbisse, Tomaten und Gurken deutlich positiv beeinflusst werden.

Der Imkerbund geht allein bei Bienen von einer Bestäubungsleistung im Wert von rund 2,5 Milliarden Euro jährlich in Deutschland aus. In den USA ist die haufenweise Rekrutierung von Bienenvölkern zur gezielten Bestäubung in der Mandelblüte seit Jahren gängige Praxis. Die Honigbiene, welche schon früh im Jahr und in großer Anzahl präsent sein kann, führt zu einer effizienten und gesicherten Bestäubung. Dazu lohnt es sich für Landwirt:innen, sich im und um den Acker umzusehen, wie es um die Präsenz von Honigbienen vor Ort steht. Nicht immer sind lokale Imker:innen an den betroffenen Schlägen zur Stelle.

Mehrertrag durch mehr Samen

Doch zunächst noch einmal zur konkreten Bedeutung und Win-win-Situation für die landwirtschaftliche Produktion, für die Imkerei und letztendlich auch für die Biodiversität: Auch in einer vornehmlich durch Wind bestäubten Kultur wie Raps kann mit guter Insektenbestäubung eine Ertragssteigerung von 7 bis 23 Prozent möglich sein. Sonnenblumen können sich selbst bestäuben, es entstehen dann jedoch nur aus 20 Prozent der Blüten fortpflanzungsfähige Samen (Liniensorten). Mit Bienen entstehen aus circa 90 Prozent der Blüten die gewünschten Samenkörner! Damit steigt die Keimfähigkeit der Samen deutlich und folglich der Ölgehalt pro Blüte. Der Mehrertrag an Erntegut kommt hauptsächlich durch mehr Samen zustande.

Grafik: Biokreis

Darüber hinaus wurden weitere positive Effekte einer Bestäubung beobachtet: gleichmäßiges Abblühen
und damit eine gleichmäßigere Abreife. Bei einem Besatz von 2,5 Bienenvölkern pro ha konnte der Samenertrag bei Sonnenblumen verdoppelt werden. Das Gewicht eines Sonnenblumenkopfes ohne Bienenbesatz beträgt durchschnittlich 315 g, mit Bienenbesatz 995 g. Hohe Zuckerkonzentrationen in den Sorten bedingen häufigeren Bienenbesuch. Bei Sonnenblumenhybriden ist die Anzahl der Samen um rund 30 Prozent steigerbar, der Ölgehalt um circa 6 Prozent. Bei Kürbissen ist 95 Prozent des Ertrages der Bestäubung durch Tiere zu verdanken. Bohnen haben ein um 21 Prozent höheres Samengewicht und 6 Prozent mehr Hülsengewicht. Buchweizen kann seine Samenbildung um das 9-Fache steigern. Er benötigt sogar zwingend eine Fremdbestäubung durch Insekten. Gurken erzielen mit Bestäubung durch Bienen die
bis zu vierfache Ertragsmenge. Das Durchschnittsgewicht der Frucht wird um 44 Prozent gesteigert. Ebenso sind die Bienen sowohl in der Kleesamenvermehrung als auch Luzernevermehrung hilfreich.

Grafik: Biokreis

Mittlerer empfohlener Deckungsgrad: 4,2 Völker pro Hektar

Zusammengefasst ergeben sich folgende Vorteile für die Landwirtschaft: erhöhter Ertrag, höherwertiger Samen und verkürzte Blühzeit. Für die Imkerei bedeutet eine Kooperation: größerer Honigertrag, reiner Sortenhonig und ein großes Pollenangebot für die Brut. Auch die Zahl der fliegenden Bienen ist relevant. Zur Anzahl der am Feld auszubringenden Völker ergibt sich aus der Literatur ein über alle Kulturen mittlerer empfohlener Deckungsgrad von 4,2 Völkern pro ha. Dies ist jedoch stark von der jeweiligen Kultur abhängig.

Grafik: Biokreis

Rolle der Platzierung

Weiter ist bei der Platzierung der Bienen die maximale Flugdistanz zu berücksichtigen. Bienen fliegen sehr intensiv bis zu 250 m weit in das Feld hinein. Bei jeder größeren Entfernung nimmt der Bestäubungserfolg ab, ist aber noch gegeben. Hummeln fliegen beispielsweise vom Rand maximal 250 m in das Feld hinein. Aufgrund der gegebenen landwirtschaftlichen Flächenstrukturen sollten sich Landwirt:innen folglich nicht
nur auf natürliche Bestäuber verlassen, sondern gegebenenfalls einen Bestäubungsservice in Betracht ziehen, zumal die Honigbiene auch direkt in die Felder gesetzt werden kann.

Da die Verbringung von Bienenvölkern mit einem erheblichen Aufwand und auch wirtschaftlicher Belastung der Imkerei einhergeht, werden in verschiedenen EU-Ländern sogenannte Bestäubungsprämien an die Imker:innen gezahlt. Diese variieren je nach Region und in Abhängigkeit der Kultur und Bewirtschaftung (Freiland, Folientunnel, Glashaus) jedoch stark zwischen beispielsweise Südtirol mit 18 € pro Volk und Bestäubungszeitraum im Intensivobstbau und bis zu ab 35 € pro Volk und Bestäubungseinsatz in Teilen Deutschlands.

Dies zeigt, dass es einmal mehr darum geht, sich bezüglich der unterschiedlichen Anforderungen und Herausforderungen verschiedener landwirtschaftlicher Erwerbszweige aus Obst-, Gemüse- und Ackerbau sowie der Imkerei auszutauschen und sich über einen Mehrwert für beide Seiten zu verständigen.

Profilbild

Corinna Moritz

Koordination der Beratung im Biokreis Erzeugerring Bayern.