Was Eigenes machen: Ein Plädoyer für kreative Verpackungen

Von Gastautor:in | Gepostet am 05.06.2024

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Landwirt und Autor Peter Schmidt hat sich Inspirationen für individuelle Verpackungslösungen bei einem Messerundgang auf der BioWest geholt.

Kürzlich auf der Öko-Branchenmesse BioWest in Düsseldorf: Hier zeigen sich Unternehmen, die für
sich entschieden haben: In NRW will ich meine Produkte verkaufen. Und hin und wieder ist auch Überraschendes dabei. Die Zotter Schokolade GmbH kommt aus der Steiermark (Österreich) und bietet
ziemlich edle Schokoladen an. Bio sind sie, fair gehandelt auch. Dazu muss man wissen: Die Kakao-Preise steigen, in den vergangenen Monaten um rund 300 Prozent. So wird Schokolade fast schon zum Luxus.
Kauft die Kundschaft wertvolle Produkte, dann erwartet sie wertige Verpackungen. Da sind Ideen gefragt.

Bei Zotter zum Beispiel heißt eine Schokolade „Labooko“ – irgendwie erinnert der Name an Bücher. Und die Verpackung auch. Zwei kleine 35-Gramm-Täfelchen verbergen sich in einer aufklappbaren Verpackung. Die ist nicht nur besonders gestylt, in dem Schokoladen-Büchlein wird auch noch Wissen vermittelt, ein Minibuch mit Schokogeschmack sozusagen: Wie entsteht die Schokolade, was ist so toll
an der Himbeere, …? Auf die Idee muss mensch erstmal kommen. Zotter ist drauf gekommen und vermarktet die 70-Gramm-Schokoladen für 4,30 Euro. Zum Vergleich: Bio-Standard-Produzent Viviani bietet seine Tafeln je nach Geschmacksrichtung für 2,50 Euro je 100 Gramm an.

Mit Verpackung auffallen

Pfiff muss nicht immer mit so viel Aufwand verbunden sein. Irgendwo in der Messehalle fallen einem Saftflaschen auf – Ostmost steht drauf, und die sind von der Berliner Streuobstwiesenmanufaktur GmbH. Von dieser kann man auch in Düsseldorf lernen. Die Flaschenetiketten nämlich haben einen coolen Rücken – vorn steht Ostmost drauf, klar. Und hinten dann: „Mach Dir die Hände schmutzig, pflanz Obstbäume mit uns“ – dazu eine passende Homepage. Schluck für Schluck wird mehr Text sichtbar. Übrigens: Das 0,33-Liter-Fläschen gibt es online für rund 1,60 Euro zu kaufen. Aber da ist dann eben das gute Gewissen integriert. Und für 1,60 Euro (entspricht rund 4,80 Euro pro Liter) muss man sich als Anbieter schon ein wenig anstrengen.

Was lernt man aus einem solchen Messerundgang? Wer auffallen und Kundschaft locken will, arbeite an seiner Verpackung. Das gilt nicht nur für die, die im Supermarkt oder besser noch im Fachhandel verkaufen wollen, sondern auch für direktvermarktende Betriebe. Denn deren Produkte können meist ohnehin nicht mit den Bio-Supermarkt-Preisen konkurrieren. Und die Erfahrung der letzten Monate und Jahre zeigt: Bio wird weiter gekauft – allerdings eben öfter beim günstigeren Anbieter. Konsequenz: Unter
anderem direktvermarktende oder auch die kleineren Bio-Unternehmen müssen den Menschen wieder beibringen: Kauf zum Beispiel direkt bei der Biokreis-Landwirtschaft oder die Produkte der Bio-Manufaktur – das zahlt sich aus.

Besser und schönes: Das muss hängen bleiben

Und da braucht es den Unterschied. Den zu gestalten, dafür gilt es, Zeit und Hirnschmalz zu investieren. Es muss hängenbleiben, wieso es einfach besser und schöner war, dieses oder jenes Biokreis-Produkt, vielleicht direkt beim Erzeuger, eingekauft zu haben. In Erinnerung bleibt einerseits der hoffentlich direkte Kontakt im Laden oder auf dem Hof. Aber die Kundschaft nimmt das Produkt mit der Verpackung in die Hand und hoffentlich mit nach Hause. Dann hilft es, wenn das Produkt einerseits eindeutig dem Betrieb
zuzuordnen ist – denn jeder landwirtschaftliche oder handwerkliche Betrieb ist seine eigene Marke – und ein wenig individuell und vielleicht sogar noch spannend.

Beispiel Eier-Karton: Klar kann man sich einen Eierkarton von der Stange organisieren, vielleicht mit einem Miniaufkleber bekleben (lassen), wo dann auch die wichtigsten gesetzlichen Informationen drauf stehen. Aber ist das alles, was wir zu bieten haben? Immerhin finanzieren wir Biokreis-Betriebe doch sogar die Bruderhahn-Aufzucht, übernehmen die Aufzucht vielleicht sogar selbst. Das macht unsere Eier einige Cent teurer als zum Beispiel das EU-Bio-Ei. Das muss die Menschheit wissen. Wie wäre es dann zum Beispiel mit einer informativen Eierverpackung, die die Leistungen des Betriebes hervorhebt?
Übrigens: Zu den wichtigsten Trends bei den Verpackungen gehört es, diese möglichst nachhaltig zu gestalten. Nachhaltigkeit verlange die Kundschaft – wobei nach einer Studie der Deutschen Landwirtschafts Gesellschaft (DLG) gerade mal sechs Prozent der Kundschaft wegen nicht-nachhaltiger Verpackungen auf Produkte verzichten.

Bild: Simone Paintner

Mit Graspapier Wasser sparen

Das mit der Nachhaltigkeit ist eben nicht immer so einfach. Klar: Die Zotter-Verpackung verbraucht mehr Papier, die Eierkartons werden mit einem Kunststoff-Aufkleber beklebt. Aber grundsätzlich sollten gerade Bio-Produkte auch den Nachhaltigkeitsaspekt berücksichtigen. Wurst und Fleisch kommen jedoch einfach nicht ohne Kunststoff-Verpackung aus. Weil hohe hygienische Anforderungen zu erfüllen sind, bleibt nur eines: sparsam mit der Verpackung sein – und darauf hinweisen. Biologisch abbaubare Kunststoffe können diese Beutel – noch – nicht ersetzen.

Beim Papier hat sich dagegen einiges entwickelt. Der Trend geht zum Papier, wo immer möglich. Und da bietet das auch im Biokreis-Online-Shop erhältliche Graspapier interessante Perspektiven. Glaubt man den Herstellern, dann wird Graspapier nur aus Gras gewonnen, das nicht mehr zur Futterproduktion diene. Ob´s stimmt? Was aber stimmt: Graspapier beispielsweise ist in der Produktion nachhaltig und spart Wasser. Bei der Produktion von einer Tonne Papier wird gerade mal ein Liter fällig, bei holzbasiertem Papier sind es bis zu 6.000 Liter. In Klimawandeljahren ist dieses Wassersparen ein echtes Argument genauso wie die geschonten Bäume, die für die Zukunft stehen bleiben dürfen. Dieses Papier ist bedruckbar und nutzbar wie klassisches Papier.

Mut zu Neuem!

Wer also mit seinen Verpackungen auffallen, Individualität signalisieren und gleichzeitig Nachhaltigkeit beweisen will, braucht Kreativität, den Mut zu Neuem (was auch mal schiefgehen kann) und vielleicht auch mal einen guten Designer, eine gute Designerin. Was es auf jeden Fall braucht: Verpackungen, die Botschaften und Gefühle mit verkaufen, die auffallen. Denn wir leben auch als Landwirt:innen in einem medialen Zeitalter. Da müssen alte Werte mit neuen Entwicklungen und frischen Gedanken kombiniert werden. Also: Freuen wir uns auf tolle, nachhaltige und kreative Produktverpackungen auch klassischer Biokreis-Produkte! Zeigen wir Individualität – da kommen nämlich die Mengenanbieter nicht mit. Die Chance kann und sollte genutzt werden. Auch wenn es mal einen längeren Anlauf bedeutet.

Gastautor:in

Peter Schmidt

Biokreis-Landwirt