Die Wiederentdeckung der Agroforstwirtschaft
Liebe Leser:innen,
in den vergangenen Jahren haben mir Biokreis-Landwirt:innen in Gesprächen und Interviews vermehrt
ihr Leid geklagt über Dürre auf ihren Äckern. Der Durst der Pflanzen konnte angesichts der Auswirkungen des Klimawandels und der durch ihn hervorgerufenen Trockenheitsphasen immer weniger gestillt werden. Kulturen starben ab, Wind erodierte Böden, ohne Bewässerung war mancherorts kein Anbau mehr möglich.
Für viele Landwirt:innen widersprechen Bäume auf dem Acker allem, was sie bisher gehört haben. Denn mit zunehmender Intensivierung der Landwirtschaft störten Bäume auf den Feldern und Wiesen die Arbeit mit Maschinen. Mehr und mehr wurden daher die Landschaften ausgeräumt, die Landwirtschaft strikt von der Forstwirtschaft getrennt. Doch angesichts aktueller Herausforderungen wird der Sinn dieser Trennung zunehmend in Frage gestellt und ein traditionelles System aus alten Zeiten, das Ackern unter Bäumen, unter dem Fachbegriff „Agroforstwirtschaft“ neu entdeckt. Besonders im Ökolandbau, wo ohnehin eine extensive Bewirtschaftung stattfindet, scheint dieses neue und alte Konzept interessant zu sein.
Bäume können den Durst der Pflanzen, die sich um sie herum befinden, lindern. Sie verbessern das Kleinklima, bieten den Ackerkulturen in Hitzezeiten wertvollen Schatten und speichern darüber hinaus auch noch CO2₂. Und einen weiteren Vorteil haben sie zu bieten: Sie schaffen Lebensraum für viele Arten und leisten damit einen wertvollen Beitrag für die Biodiversität. Agroforstsysteme zeigen sich dabei in unterschiedlichsten Ausformungen: als Streuobstwiesen, als Baumreihen auf Wiesen und Äckern oder in Kombination mit Tierhaltung. Einerseits wirken sie ertragssichernd auf Kulturen, andererseits bieten sie Optionen für neue Standbeine, da die Ernte von Früchten, Holz oder sogar Laub ebenso gewinnbringend sein kann. Damit könnten sie ein wichtiger Baustein für die ökologische Transformation der Landwirtschaft sein.
Bei der Recherche wurde deutlich, dass auch so einige Biokreis-Landwirt:innen diesbezüglich Pläne und gute Ideen haben. Anders als bei anderen landwirtschaftlichen Konzepten weist in der Agroforstwirtschaft der Faktor Zeit eine neue Dimension auf. Denn Bäume wachsen nicht allzu schnell und stellen damit vor allem eine Investition in die Zukunft dar. Umso beeindruckender ist es, wenn Menschen wie Biokreis-Landwirt Herbert Pickel eine aufwändige und kostenintensive Agroforst-Maßnahme als Auftrag sehen.
„Der Bauer ernährt die Bevölkerung. Was ich hier schaffe, kann in Notzeiten für künftige Generationen wertvoll sein.“ Das ist die Grundlage für die Motivation, auf seinen Flächen etwas ganz Neues zu schaffen.
Ich wünsche allen, die sich hier ebenfalls auf ungewohntes Terrain begeben, gutes Gelingen und allen
Leser:innen viel Spaß bei der Lektüre unseres spannenden Titelthemas „Baum auf Acker – das Prinzip Agroforst“.
Eure