Rohstoffe ohne Waldverlust
Die EU hat eine Verordnung für entwaldungsfreie Produkte erlassen. Von Julia Krauß
Dass die Bedeutung der Wälder, insbesondere der großen tropischen Waldgebiete, für die Menschheit hoch ist, ist sicher allen BioNachrichten-Leser:innen bewusst. In den vergangenen 30 Jahren gab es weltweit einen Waldverlust von 420 Millionen Hektar – das entspricht zehn Prozent der globalen Waldfläche. Aktuell findet ein jährlicher Waldverlust von circa zehn Millionen Hektar statt. EU-Importe sind hier für circa zehn Prozent der durch Landnutzung verursachten Entwaldung verantwortlich. Deshalb ist es das Ziel der Europäischen Union, den EU-Beitrag zur weltweiten Entwaldung und Waldschädigung zu minimieren und damit zum Schutz und zur Wiederherstellung der Wälder in der Welt beizutragen. Dazu hat die EU eine Verordnung für entwaldungsfreie Produkte erlassen – kurz EUDR (EU Deforestation Regulation). Über diese informierte ein Webinar von BÖLW und Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN), im Rahmen dessen das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) die Verordnung vorstellte.
Rohstoffe: Ölpalme, Soja, Rinder, Kakao, Kautschuk und Holz
Global ist die Ausdehnung der Landwirtschaft für 90 Prozent der Entwaldung verantwortlich, und das ist im Wesentlichen auf die Rohstoffe Ölpalme, Soja, Rinder, Kakao, Kautschuk und Holz zurückzuführen. Deshalb unterliegen alle aus diesen Rohstoffen erzeugten Produkte dieser Verordnung. Wer entsprechende Erzeugnisse oder Produkte auf den EU-Markt bringt, dort bereitstellt oder aus der EU exportiert, muss mehrere Bedingungen erfüllen.
- 1. die Erzeugnisse müssen entwaldungsfrei sein
- 2. die Erzeugnisse müssen gemäß den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erzeugt worden sein und
- 3. für sie muss eine Sorgfaltserklärung übermittelt werden. Hierfür müssen Marktteilnehmende und Handel vor der Einfuhr, der Bereitstellung oder der Ausfuhr Sorgfaltspflichten erfüllen. Dazu gehört die Sammlung relevanter Informationen, Daten und Unterlagen bezüglich der Herkunft der Erzeugnisse gemäß Artikel 9 der EUDR. Für eine lückenlose Nachvollziehbarkeit sind für relevante Erzeugnisse geeignete Nachweise erforderlich.
Primärerzeugung in der EU: Vereinfachte Sorgfaltspflicht
Wo und wie sind die relevanten Erzeugnisse entstanden? Von wem wurde das Erzeugnis geliefert, und in welchem Land und an welchem Ort und zu welchem Zeitpunkt wurde es hergestellt? Hierzu gehört, dass Marktteilnehmende und Handel die Geolokalisierung aller Grundstücke, auf denen die relevanten Erzeugnisse hergestellt wurden, ermitteln. Zusätzlich muss sichergestellt sein, dass auf dieser Fläche nach dem 31.12.2020 keine Entwaldung oder Waldschädigung erfolgt ist. Auf Grundlage der gesammelten Informationen erfolgt eine Bewertung, ob Risiken bestehen, dass diese Erzeugnisse nicht VO-konform sind. Ergibt die Risikobewertung ein nicht vernachlässigbares Risiko, müssen Verfahren und Maßnahmen zur Risikominderung getroffen werden. Kommt es zu dem Ergebnis, das kein oder nur ein vernachlässigbares Risiko besteht, wird über das EU-Informationssystem eine Sorgfaltserklärung übermittelt. Die Weitergabe der Informationen entlang der gesamten Lieferkette soll so erfüllt werden.
Ein von der Kommission betriebenes Benchmarking-System klassifiziert Länder oder Teile von Ländern in drei Kategorien (hohes, normales und geringes Risiko), je nachdem, wie hoch das Risiko ist, in diesen Ländern Rohstoffe zu produzieren, die nicht entwaldungsfrei sind. Diese Einteilung wurde von der Kommission leider noch nicht herausgegeben, aber es ist zu erwarten, dass Deutschland mit einem geringen Risiko eingestuft wird. Entsprechend des Risikos gelten andere Anforderungen. Bei der Primärerzeugung in der EU (ohne vorherige Lieferkette – ohne hohes Risiko) gibt es eine vereinfachte Sorgfaltspflicht. Die Abgabe einer Sorgfaltserklärung ist verpflichtend, aber es muss keine Risikobewertung und Risikominderung durchgeführt werden.
KMU: Referenznummer aufnehmen und weitergeben
Bei der Sorgfaltserklärung gibt man seine Planungsdaten einmal jährlich an (Erntemenge Soja, in Verkehr gebrachte Rinder). Die daraufhin erteilte Referenznummer ist dann entlang der Lieferkette weiterzugeben. Wenn ein kleines oder mittleres Unternehmen (KMU) diese Produkte kauft, muss dieses die Referenznummer nur aufnehmen und weitergeben. Sollte jedoch ein kleiner Handelsbetrieb das Produkt weiter an ein großes Unternehmen verkaufen, muss dieses gegebenenfalls weitere Informationen anfordern.
In Deutschland ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung für die Umsetzung und Durchführung der EUDR zuständig. Dazu zählt die Information der Marktteilnehmenden und des Handels zur Anwendung der VO als auch die Kontrolle der Einhaltung. Die Pflichten treffen alle Marktteilnehmenden und den Handel in der EU – ungeachtet dessen, ob die Erzeugnisse innerhalb oder außerhalb der EU hergestellt wurden. Ziele sind einheitliche Standards und gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen auf dem EU-Markt. Die Regelung der EUDR gilt ab dem 30.12.2024.
Unterstützung, Anleitungen und Informationen findet Ihr unter www.ble.de/entwaldungsfrei
Die Autorin Julia Krauß ist in der Biokreis-Qualitätssicherung verantwortlich für die Zertifizierung Erzeugung.