Füttern für den Klimaschutz

Bild: Tobias Köhler
Effiziente Futterwirtschaft und Tierernährung sind Schlüssel im Kampf gegen den Klimawandel.
Die Landwirtschaft ist vom Klimawandel stark betroffen und gleichzeitig Mitverursacher für diesen. Es ist von daher im Interesse der Landwirtschaft, alle Maßnahmen zu ergreifen, die die negative Klimawirkung mindern und mit den weiteren Zielen im Betrieb wie Tierwohl, Einkommen und sonstigen gesellschaftlichen Leistungen in Einklang stehen. Die Betriebe mit Tierhaltung sind hier besonders gefragt, da diese einen vergleichsweise hohen CO2-Fußabdruck haben und auch Nahrungskonkurrenz zu beachten ist. Der nachstehende Beitrag befasst sich mit der Frage, inwieweit die Effizienz in der betrieblichen Futterwirtschaft und in der Fütterung der Tiere Einfluss hat. Es wird die Hypothese geprüft, ob hier ein zentraler Schlüssel für einen rentablen Klimaschutz liegt.
Das Futter ist mit etwa 50 Prozent der größte Kostenblock in der Nutztierhaltung, und die Unterschiede in den Kosten der betrieblichen Futtererzeugung sowie des Zukaufs an Futtermitteln sind maßgebend für die Ökonomik der Betriebe. Die Futtererzeugung ist durch den Aufwand an Diesel, Dünge- und Pflanzenschutzmittel, nicht erneuerbarem Strom etc. mit der Freisetzung von erheblichen Mengen an Treibhausgasen verbunden und das Futter selber führt im Tier, in den Exkrementen und beim Einsatz der Exkremente zur Freisetzung von Treib-hausgasen. Die Ausgestaltung der betrieblichen Futterwirtschaft und die Ausgestaltung der Fütterung entscheiden daher über den ökonomischen Erfolg und den CO2-Fußabdruck der erzeugten Produkte Milch, Fleisch oder Eier. Ein maßgeblicher Ansatzpunkt für rentablen Klimaschutz ist daher die Beachtung der Effizienz in der Futterwirtschaft und in der Tierernährung.
Geeignete Maßnahmen identifizieren
Von Seiten der Gesellschaft, der Politik und der Verwaltung ist das Ziel einer weitreichenden Klimaneutralität vorgegeben. Je mehr Sektoren Klimaneutralität erreichen, umso stärker fällt der CO2-Fußabdruck aus der Nutztierhaltung ins Gewicht (Holzleitner, 2024). Es gilt daher, Maßnahmen zu identifizieren, die den CO2-Fußabdruck merklich reduzieren und sich dennoch rechnen. Zu beachten sind dabei aber auch weitere Zielgrößen wie das Wohlergehen und die Gesundheit der Tiere, die Gewährleistung der Biodiversität bei Pflanzen und Tieren sowie eine möglichst geringe Nahrungskonkurrenz. Die einzelnen Systeme zur Erzeugung von Milch und Fleisch unterscheiden sich dabei erheblich im Futteraufwand und den eingesetzten Futtermitteln. Im Futteraufwand zur Erzeugung von einem Kilo Fleisch unterscheiden sich Masthühner und Mastochsen um den Faktor 5 zugunsten der Masthühner. Allerdings ist das Futter für die Masthühner in großen Anteilen auch für den Menschen nutzbar, und der Ochse kann in erster Linie mit Grasprodukten gefüttert werden. Dennoch ist beim Wiederkäuer aus Sicht der Treibhausgasemissionen das Methan aus der Umsetzung des Futters im Vormagen von besonderer Relevanz.
Aus der nachstehenden Tabelle 1 können die wesentlichen Ansatzpunkte zur Minderung der Treibhausgasemissionen in der Milcherzeugung entnommen werden.

Die Wirkung auf die Ökonomik ist ergänzend abgeschätzt. Wesentlich sind die Bereiche Methan (CH4), Futter und Fütterung, Bestandsergänzung und der Umgang mit Wirtschaftsdünger. Wird Kot und Harn ohne vorherige Lagerverluste in der Biogasanlage umgesetzt, kann der anteilige CO2-Fußabdruck aus dem Wirtschaftsdünger stark gesenkt werden. Beim Futter ist die Senkung der Verluste in Menge und
Qualität ein wesentlicher Ansatzpunkt. Werden die Verluste gesenkt, ist weniger Fläche zu bewirtschaften und die Leistung aus dem Futter steigt. Ebenso wirkt sich die Höhe der Bestandsergänzung sehr stark aus. Dies liegt vor allem an der Senkung des Futteraufwands und den damit einhergehenden Emissionen aus der Futtererzeugung sowie der Minderung des CH4-Anfalls aus der Jungrinderaufzucht. Bisher relativ wenig beeinflussbar ist die CH4-Menge aus der Verdauung der Kuh. Der wesentliche Schlüssel ist daher die Verbesserung der Effizienz in der Futtererzeugung und im Futtereinsatz. Im Ergebnis resultiert eine bessere Wirtschaftlichkeit. Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit gehen somit vielfach Hand in Hand. Bei den Zukaufsfuttermitteln ist der eventuelle „Rucksack“ etwa aus dem Bereich von Landnutzungsänderungen, insbesondere in Tropenwäldern, und dem Aufwand für Transport zu beachten.
Treibhausgas(THG)rechner der LfL
In der Schweine- und Geflügelhaltung ist der nährstoffangepassten Fütterung besondere Beachtung beizumessen. Über die Absenkung der Rohproteingehalte bei bedarfsdeckender Aminosäureversorgung am Darm durch Einsatz von passgenauen Futtermitteln und freien Aminosäuren kann die N-Effizienz erheblich gesteigert werden und Proteinfuttermittel mit ungünstigem CO2-Fußabdruck wie Sojaprodukte aus Übersee können erheblich vermindert werden. In der Bayerischen Schweinehaltung konnte dieses Konzept in den organisierten Ringbetrieben mit großem Erfolg umgesetzt werden. Wichtig ist, dass der Erfolg einfach messbar ist. Es gilt der Leitsatz der Beratung „Was man nicht misst, kann man auch nicht steuern“. Der Treibhausgas(THG)rechner der LfL ist daher ein wesentliches und sehr effektives Werkzeug für Beratung, Schule, Wissenschaft und Wirtschaft. Hier kommen die Erkenntnisse und Daten der Produktionstechnik, der Ökonomik und der Umweltökonomik zusammen. In der ökologischen Schweine- und Geflügelhaltung gelten die Prinzipien in gleicher Weise. Die Möglichkeiten sind allerdings geringer, da freie Aminosäuren und die mikrobielle Phytase zur besseren Nutzung des Phosphors im Getreide nicht zur Verfügung stehen.
Ein wichtiger Ansatz ist generell eine hohe Futtereffizienz. Hiermit ist gemeint, wie viel Milch, Zuwachs oder Eier je Kilo Futter erzeugt werden können. Zur Beurteilung hat sich in der Schweine- und Geflügelfütterung die sogenannte Futterverwertung als Kenngröße etabliert. Anders ist dies in der Milcherzeugung. Hier ist der Futteraufwand vielfach nicht bekannt.
Dies verwundert, da mit dem Futtermischwagen die vorgelegten Futtermengen gut erfasst werden können. Im Rahmen des Demonstrationsprojektes DigiMilch zur Digitalisierung der Milcherzeugung wurden die Daten in zehn Praxisbetrieben erfasst. Aus der nachstehenden Tabelle sind die Ergebnisse ersichtlich. Angeführt sind der Mittelwert und die Spanne zwischen den Betrieben. Im Mittel liegen die Ergebnisse im erwarteten Bereich. Allerdings sind die Unterschiede in der Futtereffizienz mit einer Spanne von 1,2 bis 1,8 kg energiekorrigierter Milch (ECM) erheblich.

Was verbessert die Futtereffizienz?
- Der erste Punkt ist die Minderung des Aufwands für den Erhaltungsumsatz. Die Stellschraube ist hier die Körpermasse. Wird die gleiche Milchmenge von einer leichteren Kuh produziert, ist der Futteraufwand geringer.
- Luxuskonsum ist zu vermeiden. Dies betrifft insbesondere eine überhöhte Futterversorgung in der 2. Laktationshälfte oder für Frühtrockensteher.
- Eine stabile Körperkondition ist anzustreben. Je geringer der Auf- und Abbau von Körpermasse im Laufe der Laktation und Trockenstehzeit ist, desto weniger zusätzliche Energie ist dafür aufzuwenden.
- Die Kühe sollten gesund sein und über eine gute Immunitätslage verfügen. Immunreaktionen der Kühe erfordern relativ viel zusätzlichen Aufwand an Futterenergie.
- Stress sollte soweit möglich vermieden werden, da auch die Stressbewältigung zusätzlichen Energieaufwand erfordert.
- Unbilanzierte Rationen wie Proteinüberschuss oder -mangel können auch eine Ursache von erhöhtem Futteraufwand sein.
Die Erhebungen zeigen, dass eine Erfassung der Futtereffizienz im Betrieb lohnt. Einer der Betriebe in DigiMilch mit guter Futter-effizienz, Weide für die Jungrinder und einem guten Energiemanagement hat 2023 den Preis der bayerischen Staatsregierung für klimaschonende Milcherzeugung erhalten. Der CO2-Fußabdruck lag mit 0,9 kg/kg ECM erheblich unter dem Mittel von etwa 1,4 kg.
Zur Beurteilung der Umweltwirkungen lohnt sich auch die Bilanzierung der Nährstoffe N und P auf Stall- bzw. Betriebsebene. In der Schweinehaltung lassen sich die Betriebsbilanzen sehr gut nutzen für die Erkennung von Ansatzpunkten in der Optimierung von Pflanzenbau und Tierhaltung. Die betriebliche Futtererzeugung ist hier das verbindende Glied. In Rinder haltenden Betrieben gibt es bisher nur wenig aussagefähige Salden auf Betriebsebene. Aus der Abbildung 1 sind die Daten von 16 Betrieben aus Bayern zum N-Saldo auf Betriebsebene ersichtlich. Es wurden konventionelle und ökologisch wirtschaftende Betriebe einbezogen. In den konventionellen Betrieben waren die Überschüsse an N und P vielfach das Problem. Bei den ökologischen Betrieben kamen Überschüsse und Defizite vor. In allen Betrieben ergaben sich wichtige Hinweise für die Anpassung der Produktion. Der Erfolg kann über die Bilanzierung wiederum festgehalten werden. Für die Beurteilung der Nachhaltigkeit landwirtschaftlicher Betriebe sind Bilanzen auf Betriebsebene ein wichtiges Werkzeug.
Fazit
Eine effiziente Futterwirtschaft und ein effizienter Futtereinsatz sind zur Gewährleistung von mehr Nachhaltigkeit und weniger Nahrungskonkurrenz unverzichtbar. Folgende Punkte sind zu beachten:
- in der betrieblichen Futterwirtschaft: Verluste minimieren und Qualität anheben
- Verfahren auf Effizienz ausrichten: Milch/, Fleisch/, Eier/Lebenstag
- effizienter Futtereinsatz: Luxuskonsum vermeiden, Fütterungscontrolling …
- mehr Milch und Fleisch aus Gras-, Klee- und Luzerneprodukten
- Einsatz von mehr Neben- und Koppelprodukten
- Über Zucht, Haltung und Management hohes Futteraufnahmevermögen gewährleisten.
- Bei Schwein und Geflügel liegt die Herausforderung in der Sicherung der Effizienz bei weniger Nahrungskonkurrenz.
- Die Ausgangshypothese, dass die Verbesserung der Effizienz in der betrieblichen Futterwirtschaft und der Effizienz der Fütterung wichtige Schlüssel für einen rentablen Klimaschutz sind, ist zu bestätigen.

Literatur:
DLG (2023): Im Fokus: Methan bei der Milchkuh – Methanausweisung im Rahmen der Milchleistungs- bzw. Milchgüteprüfung und Nutzung als Benchmark. Autor:innen: J. Braunleder, L. M. Dale, T. Ettle, E. Gerster, F. Grandl, M. Kammer, D. Kampf, W. Richardt, M. Schilde, H. Spiekers, E. Velasco, A. Werner, M. Zehetmeier, DLG-Merkblatt 491. www.dlg.org
Holzleitner, C. (EU-Commision, Brüssel) (2024): Carbon farming. Vortrag beim Initiativkreis Agrar- und Ernährungsforschung am 29.02.2024, Berlin.
Schachner, U., Schuster, H. (2024): Ergebnisse aus zwei Jahren Stoffstrombilanzierung in bayerischen Futterbaubetrieben. in: Tagungsunterlage 24. Forum angewandte Forschung in der Rinder- und Schweinefütterung am 23./24.04.2024 in Fulda, 83 – 86.
Der Autor Prof. Dr. Hubert Spiekers ist Leiter des Instituts für Tierernährung und Futterwirtschaft
an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in Grub. Schwerpunkte seiner Arbeit
sind Ressourceneffizienz und nachhaltige, nährstoffangepasste Fütterungssysteme für Nutztiere.