Exoten auf der Biokreis-Weide

Von Susanne Sorg | Gepostet am 25.03.2025

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Neben klassischen Weidetieren wie Kühen, Schweinen und Pferden grasen auch Alpakas, Lamas, Sikawild, Schottische Hochlandrinder, Yaks und sogar Emus auf Biokreis-Weiden. Was bewegt Landwirt:innen dazu, diese exotischen Tiere zu halten?

Alpakas als Herzensöffner

Auf der Suche nach einer geeigneten Tierart für ihren Nebenerwerbsbetrieb sah Familie Wolf während eines Nordsee-Urlaubs zum ersten Mal Alpakas – es war Liebe auf den ersten Blick. Es folgten ein Lehrgang und eine Sachkundeprüfung als Grundlage für die Haltung. Auf den Kauf der ersten wertvollen Tiere folgten bald weitere.

Die Haltung ist unkompliziert: im Winter im Stall mit Freiflächenauslauf, im Sommer unter der fünf Hektar großen Photovoltaikanlage des Nachbarn. Die wertvolle Wolle wird in einer Wollwerkstatt in Österreich zu hochwertigen Steppdecken verarbeitet. Aus der Biokreis-zertifizierten Wolle lassen sich pro Jahr 40 Steppdecken produzieren, die über den eigenen Online-Shop und Empfehlungen verkauft werden.
Seit ein paar Jahren besucht das sozial engagierte Ehepaar Wolf mit seinen Kindern (17 und 21 Jahre) und mit mindestens zwei bis drei der Herdentiere Pflegeheime. Nicht jedes der auf Distanz geprägten Tiere ist ein Kuscheltier. Streicheln geht oft nur, wenn sie am Halsband geführt werden. Und dennoch sind die
Alpakas für die Menschen dort wahre Herzensöffner! Die besonderen Tiere strahlen Ruhe aus. Neugierig suchen sie die Nähe von Menschen, und das allein genügt, um Gespräche zu fördern und Emotionen zu wecken. Selbst Pflegebedürftige mit schwerer Demenz beginnen, lebendig zu werden.

Vierbeiner als Therapeuten

Eine ähnliche Geschichte erzählt Josef Liebl. Mit seiner Familie führt er bereits in zweiter Generation einen Biokreis-Bauernhof mit einer Wohngemeinschaft für Menschen mit Behinderung. Auf fast 15 Hektar Grünland und fünf Hektar Wald leben seit 15 Jahren Alpakas, Lamas, Mini-Ponys und Sikawild. Die exotischen Tiere wurden wegen ihrer therapeutischen Wirkung ausgesucht. Die Bewohner:innen des Integrationsprojekts dürfen alltägliche Aufgaben wie das Füttern der Tiere und das Ausmisten der Ställe übernehmen, was ihnen Struktur gibt. Die regelmäßigen Spaziergänge mit den Alpakas und Mini-Ponys fördern das Selbstbewusstsein und die soziale Interaktion.

Um das fachgerechte Jagen, Verarbeiten und Vermarkten des Sikawilds kümmert sich Familie Liebl selbst. Die Eier der hofeigenen 20 Hühner sowie die zu Steppdecken und Kissen verarbeitete Alpakawolle werden für den Eigenbedarf behalten. Die Strom- und Wärmeerzeugung aus Hackschnitzeln sorgt dafür, dass der Hof weitgehend autark betrieben werden kann. Ökologische Landwirtschaft, soziale Verantwortung und Energiegewinnung gehen hier vorbildlich Hand in Hand.

Viele Tiere können besondere und wertvolle Aufgaben erfüllen.

Hühner und Emus im Altersruhesitz

Auf dem 15 ha großen Hof von Anna und Michael Kiebach in Hessen lebt eine bunte Mischung an Tieren, und jedes Tier hat seinen festen Platz. Anna Kiebach züchtet schon seit vielen Jahren Hühner. In einem Hühnermobil sind Marans, Grünleger und Sperber untergebracht. Nach ihrer Zeit im Hühnermobil kommen die Tiere zu den Emus auf die Weide – wo sie bis zu ihrem natürlichen Tod bleiben.

Diese Liebe zum Tier scheint sich auf den Geschmack der Eier auszuwirken, aber auch das gute Futter: hofeigene Erzeugnisse wie Weizen, Hafer und Luzerne sowie Biokreis-zertifiziertes Zusatzfutter. Die vielfach preisgekrönten Eier werden im Hühnermobil, in einem Eierautomaten und über die Bio- und Rewe-Märkte der Umgebung verkauft. Neben den Hühnereiern gibt es dort auch Eiernudeln und die begehrten, ein Pfund schweren Eier der Emus.

Die Liebe zu den Tieren scheint sich auf den Geschmack der Eier auszuwirken …

Ziegen und besonders Kamerun-Schafe werden als „Bodyguards“ für die Hühner eingesetzt. Sie halten Greifvögel fern und sind darüber hinaus auch sehr schön anzuschauen.

Besonders exotisch sind die Yaks, die Michael Kiebach seit zehn Jahren hält. Die aus Zentral-asien stammenden Tiere sind genügsam und pflegeleicht. Sie dienen den Bewohner:innen der zentralasiatischen Hochlagen als Last- und Reittiere, liefern wertvolle Milch, Wolle und Fleisch, und aus dem Kot wird Brennmaterial für den Winter gemacht. Für Michael aber sind es Haustiere, die wie alle Tiere der Kiebachs bis zu ihrem natürlichen Tod auf der Biofarm Anna leben dürfen.

Robust und genügsam: Schottische Hochlandrinder

Nicht jede Tierhaltung ist von Anfang an wirtschaftlich sinnvoll. Die Schlachtkosten für sein Damwild waren Biokreis-Landwirt Florian Wild zu hoch, und der Ertrag stand in keinem Verhältnis dazu. So entschied er sich, neben seinen 75 Milchkühen auf Schottische Hochlandrinder umzustellen: eine robuste und genügsame Rasse mit hochwertigem Fleisch. Das erste Rind kam zufällig auf den Hof: Ein Kunde aus seiner Zimmerei fragte, ob Florian Wild ein Kalb aufziehen könne. Daraus wurde schnell eine Leidenschaft, und heute grasen 15 Schottische Hochlandrinder auf den Weiden. Die Tiere sind besonders zahm, gewöhnen sich schnell an den Menschen und bleiben auch bei einem beschädigten Zaun in der Nähe der Weide.

Das erste Tier kam zufällig auf den Hof, aber daraus wurde schnell eine Leidenschaft.

Schottische Hochlandrinder wachsen sehr langsam und liefern erst nach drei Jahren bestes, fein durchwachsenes Fleisch. So wurde bisher erst ein Hochlandrind für den Eigenbedarf geschlachtet. Dank der Mitgliedschaft in einer regionalen Genossenschaftsmetzgerei ist die Direktvermarktung der nächste Schritt – Florian Wilds Frau, gelernte Metzgereiverkäuferin, wird das begehrte Fleisch künftig ab Hof verkaufen.

Ein Blickfang in der Landwirtschaft

Damwild, Rothirsche, Sikawild und Mufflons gibt es auf dem Hof von Thomas Gstettenbauer bereits seit 1978. Mehr als 30 Hektar landwirtschaftliche Fläche und 15 Hektar Wald bieten den Tieren ideale Bedingungen. Aktuell zählt die Herde 150 Tiere, die neben ihrer Schönheit noch eine erwähnenswerte Besonderheit haben: Sie hinterlassen keine Trittschäden, wodurch die Wiesen in einem sehr guten Zustand bleiben.

Diese besonderen Tiere hinterlassen keine Trittschäden in der Landschaft.

Die Haltung dieser Wildtiere ist jedoch nicht ohne Herausforderungen, weshalb eine Sachkunde- und Jägerprüfung notwendig ist, insbesondere für den Umgang mit Narkosemitteln und für die Einhaltung der Schlachtvorschriften.

Im Winter ist Damwild sehr genügsam und zehrt von den im Sommer angefressenen Reserven – ein Vorteil für Landwirt:innen, da der Futterbedarf gering bleibt. Verarbeitet wird das Wild vor allem zu delikaten Fleisch- und Wildwurstwaren, das über die eigene Gaststätte und den Hofladen verkauft wird – so ist eine wirtschaftlich nachhaltige Vermarktung möglich.

Comeback der Coburger Fuchsschafe

Die Entscheidung für eine neue Rasse fiel Biokreis-Bäuerin Michaela Baumgartner leicht. Der Umgang mit den Rindern war der Bäuerin auf Dauer zu risikoreich. Nach einem Anruf beim Biokreis fiel die Wahl auf eine gefährdete Rasse: die Coburger Fuchsschafe. Die selten gewordene Landschafrasse soll wieder stärker verbreitet werden. Schnell fand sich ein Züchter in der Nähe. Mittlerweile umfasst die Herde zwölf Jungtiere. Der Eintritt in einen Schafzüchterverein ist empfehlenswert. Hier lassen sich Kontakte knüpfen und Erfahrungen austauschen.

Die Schafe sind eine neue Herausforderung, aber auch wirtschaftlich die richtige Richtung.

Im kommenden Jahr sollen die Tiere eine feste Rolle auf dem Hof spielen. Optisch bestechen die Coburger Fuchsschafe mit ihrer rötlich-braunen Wolle und ihren feinen Gesichtszügen. Die Wolle und das schmackhafte Fleisch werden ab Herbst 2026 vermarktet. Erstmal werden noch Erfahrungen gesammelt und Herausforderungen gemeistert, so stehen im Frühling die erste Klauenpflege und die Schur an.
Trotz aller neuen Aufgaben überwiegt die Freude an den zutraulichen und pflegeleichten Tieren. Mit den Coburger Fuchsschafen, da ist sich Michaela Baumgartner sicher, wagt der Hof einen wirtschaftlich richtigen Schritt in eine neue Richtung.

Auch Du möchtest Exoten auf Deinen Weiden halten?

Beim Lesen neugierig geworden? Ein guter Tipp vor der Entscheidung für exotische Tiere auf Deiner Weide: Melde Dich bei Deinem Verband und lass Dich beraten:

Die Größe der Weidefläche ist wichtig, und wenn Du ein Stück Wald hast, dann ist das für bestimmte Rassen ein idealer Lebensort. Auch den Herausforderungen musst Du Dich stellen können. Die einen Rassen sind anspruchslos, die anderen pflegeintensiv. Ob als Therapietiere, Lieferanten von Milch, Wolle und Fleisch, zur Weidepflege oder als Haustiere – Exoten auf der Weide sind eine Überlegung wert!

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Susanne Sorg

Marketing und Kommunikation, Redaktion Online Medien